Sina Burchardt

Supergirls just fly?

Vom übervollen Leben zur erfüllenden Lebendigkeit

Mein Blick in die Welt, mein Blick auf und in Menschen und ihre Potenziale, war immer extrem klar. Mein Blick auf mich selbst, meine Bedürfnisse und Potenziale hingegen nicht in gleichem Maße. 

Das schien auch nicht wichtig. Ich hatte so viel Energie! Erlebte rasantes berufliches Wachstum und Wohlstand. Auf meine Stärke(n) konnte ich mich immer verlassen – bis zu dem Tag, als genau dieser scheinbar so sichere Boden unter mir zusammenbrach.

Auch ohne Burnout gegen die Wand

Wut, (Existenz-)Angst, Depression, Panik, Hadern und Lebensüberdruss – die Diagnose „Multiple Sklerose“ hatte über Jahre so viel mehr im Gepäck, als nur die körperlichen Symptome wie Schmerz, Entzündung, chronische Müdigkeit und Taubheitsgefühle. Alles, was bisher mein Leben war, stand in Frage. Auch ich selbst.

Als besonders niederschmetternd empfand ich, die Erfolgsverwöhnte, dass eine chronische Erkrankung außerhalb der Kategorien „Sieg oder Niederlage“ stattfindet. Sie wird da sein. Immer. Was ich zunächst nicht erkannte: ICH auch!

In Krisen schlummert Wachstum

Begleitet mich meine Krankheit oder begleite ich sie? Das kann ich heute nicht mehr voneinander trennen und muss es auch nicht. Die Multiple Sklerose war und ist meine persönliche Achtsamkeits-Schule, die mich vom ausgefüllten Lebenskalender zu erfüllter Lebendigkeit geführt hat.

Von Stärke, Kraft, Motivation, Resilienz und Durchhaltevermögen bekommen wir zwar einen Vorschuss in die Wiege gelegt. Die Quellen zur Erhaltung dieser essentiellen Energien liegen allerdings ganz und gar in uns selbst. Sie zu entdecken, zu nutzen und vor allem ihr Sprudeln zu bewahren, ist meine Herzensangelegenheit. Im Coaching, in der Potenzialentfaltung von Mitarbeitern oder bei der Begleitung persönlicher Lebensprozesse.

Menschen sind nicht stark oder schwach. Sie stärken sich oder schwächen sich. Werden gestärkt oder geschwächt. Kennen ihre Quellen oder kennen sie noch nicht.

Klarheit ist Kraft

Heute kann ich das leben. Heute weiß ich, dass ein zufriedenes, erfülltes Leben nicht an möglichst günstigen Umständen hängt. Nur wer seine Schwäche kennt, kommt in seine Kraft. Ich schöpfe aus dem Vollen meiner Herausforderungen, meiner Lebenserfahrung und meiner Lebenslust. Von Tag zu Tag. Und von Mensch zu Mensch. Immer an der Quelle.

Zum Lebensweg

Es ging gar nicht anders – Natürlich musste ich Krankenschwester werden. Vier Generationen in Heilberufen – mir wurde das Kümmern und Versorgen in die Wiege gelegt. Das Leid von Menschen zu verstehen, es wahrzunehmen in seinen unterschiedlichen Ausdrucksformen, um dann lindernd und bisweilen sogar heilend einzuwirken, ist mir eine Herzensangelegenheit.

Nach meiner Ausbildung zur Krankenschwester bildete ich mich weiter zur Dialyse-Assistentin sowie zur Intensiv- und Anästhesie-Fachschwester. Meinem großen Lern- und Wissensdrang folgend, machte ich zusätzlich mein Fachabitur an einer Tageskollegschule, finanziert mit ambulanter Altenpflege.

Die Powerfrau

Ende der 80er Jahre lernte ich meinen ersten Mann kennen, Inhaber einer Werbeagentur. Branchenfremd, aber ausgestattet mit meinen prägnanten Fähigkeiten im Umgang mit Menschen, stieg ich als freie Mitarbeiterin bei ihm ein. Die Agentur konzentrierte sich damals u.a.auf die Vermarktung von Videospielen, auch durch bundesweite Sportevents. Der Hype um Spielkonsolen hatte gerade begonnen, die Agentur boomte. Zeitweise war ich für bis zu 1000 Mitarbeiter (Promoter) zuständig, arbeitete ausschließlich am Limit. 

Natürlich! Ich war Anfang 30, strotzte vor Energie, hielt mich für unkaputtbar und genoss das Leben auf der Überholspur. Für Anzeichen, dass dieser Lebensstil meine Ressourcen angreifen oder sogar verbrauchen könnte, war ich blind und taub.

“Supergirls don‘t cry. Supergirls just fly!” - mein Credo

Im Laufe der Jahre aber spürte ich immer deutlicher, dass ich nicht auf meinem Herzensweg war. Neben der Agenturarbeit, paukte ich für die Heilpraktiker-Prüfung und schloss sie erfolgreich ab. Mein Mann und ich gingen einander in dem ganzen Trubel mehr und mehr verloren. Während in mir der Wunsch nach Kindern zunahm, wurde für ihn immer klarer, dass er keine wollte. Nach 12 Jahren Ehe trennten wir uns.

Kurze Zeit später lernte ich meinen 2. Mann kennen. Es folgte das Wunschkind. Mit knapp 41 brachte ich eine Tochter zur Welt, was mich mit tiefem Glück und Dankbarkeit erfüllte, obgleich die Schwangerschaft eine deutliche, gesundheitliche Veränderung mit sich brachte: Hashimoto.

Das Leben bremst mich aus

Auf diese entzündliche Autoimmunerkrankung der Schilddrüse bezog ich deshalb auch erst einmal die Symptome, die sich während der Stillzeit entwickelten. Ich sah mit dem linken Auge zunehmend verschwommen, hatte starke Kopfschmerzen. Meine Tochter war circa acht Monate alt, als ich die niederschmetternde Aussage der abklärenden Ärzte erhielt: Verdacht auf Multiple Sklerose. Aus dem Verdacht wurde bittere Gewissheit. Mein Alltag verlief immer mehr wie mit angezogener Handbremse. Chronische Müdigkeit, Taubheits- und Kribbelgefühle machten mir schwer zu schaffen.

Supergirls don’t cry. Ich war Mutter, kannte mich nur stark und tatkräftig, schaffend und nach vorne strebend. Erschöpfung war mir fremd, aber diese hier ließ sich nicht ignorieren. Unbarmherzig forderten die Symptome der Krankheit Raum und Aufmerksamkeit. Einfach weiter funktionieren – funktionierte nicht mehr. Zum ersten Mal in meinem Leben. Meine gewohnten Kompensations- und Bewältigungsstrategien versagten. Ich wusste nicht, wie ich etwas oder was ich tun sollte.

Noch mehr Scherben

Meine Ehe blieb davon nicht unberührt. Aus der strahlenden Braut war eine müde Kranke geworden, die ihr weniges an Kraft auf den lebenshungrigen Säugling konzentrierte. Kämpfend mit Schuldgefühlen, Zorn und oft genug einfach mit Angst. Meinem Mann fehlten die Leichtigkeit und Unbeschwertheit, wie man sie von einer jungen Beziehung erwartet. Er war der veränderten Situation so wenig gewachsen wie ich. Schließlich trennten wir uns.

Alles lag in Trümmern. Meine Ehe. Mein Glück. Meine Seele. Mein Traum. Die Verletzung war tief. Ich litt als Frau, als Mutter, als Mensch. Es waren Babyschritte, Tag für Tag, die mich sehr langsam und durchaus mit wiederkehrenden Einbrüchen, durch die Zeit brachten.

Erste neue Schritte

Ich lernte, welche Kräfte ich habe und welche nicht. Was mich schwächt und was bzw. wer mich stützt. Welche Grenzen ich ziehen muss und welche ich öffnen sollte. Lernte Unterstützung holen und Hilfe annehmen. Schwäche nicht als Makel zu empfinden, sondern als Wegweiser zu mir selbst. Mein Denken wurde weiter, die Lösungen kreativer. Ich berappelte mich und fasste den Entschluss meine Berufung weiter zu leben und zu studieren.

Nach meinem erfolgreichen Abschluss in Sozial- und Gesundheitswirtschaft, arbeitete ich als Dozentin/Referentin für Heilberufe. Gesundheitlich hatte ich mich ganz gut stabilisiert. Meine Begeisterung war wieder da. Und mit ihr das vertraut-herrliche Gefühl von Energie und zumindest relativer Selbstbestimmtheit. Getragen auf dieser Welle des Gelingens unterschätzte ich erneut, welche Herausforderung die Doppelbeanspruchung als Mutter und Berufstätige für meine Gesundheit darstellte.

Der Rückfall

Als ich eines Tages in der Bibliothek einfach vom Stuhl fiel. Ein Hirnstamminfarkt (MS). Noch einmal stand ich auf. Zu schnell. Ging erneut viel zu oft über meine Grenzen. Ich kann, ich will, ich muss! Die Quittung folgte nach zwei Jahren. Ein schlimmer MS-Schub fesselte mich wochenlang ans Bett. Diesmal wollte es die Erkrankung wissen! Es stellten sich Depressionen, Angst- und Panikzustände ein. Hinzu kam ein chronisches Schmerzsyndrom. Die Rückkehr in ein Arbeitsleben nach dem Takt der Unermüdlichkeit, stand in dem Moment, nicht mehr zur Debatte. Ja, ich kenne mich aus, mit der anderen Seite der Medaille.

Zufrieden wie nie zuvor

Jede Entscheidung von damals, hatte ihren Grund. Natürlich würde ich aus heutiger Sicht einiges anders gemacht haben. Gleichzeitig ist diese heutige Sicht nur möglich geworden, weil ich es nicht anders gemacht habe. Weil ich vieles er- und überlebt habe. Mich selbst kennenlernen durfte und musste, in meinen guten und in meinen schlechten Zeiten.

Heute weiß ich genau, was ich brauche, um in meine Kraft zu kommen und zu bleiben. Ich kenne die Wellenbewegungen und bestimme mein Tempo. Forme mein Leben, anstatt mich durch fertige Formen pressen zu lassen. Ich weiß, was ich kann und was ich nicht kann. Freue mich, dass ich Raum erhalten habe für Liebe und Lachen, Ideen und Tatendrang, Lebensfreude und Lebenskunst.

Klar und dankbar im Heute

Was ich erlebt habe, teilt sich mit. Die Begegnungen mit Menschen haben eine andere Qualität erhalten. Meine Selbstmotivation und mein Durchhaltevermögen hatten gottseidank immer eine solide Basis durch meine Ausbildungen (siehe Bildungsweg). Eine Basis, die ich jedem zur Verfügung stelle, der ihrer bedarf. Begleitend, unterstützend, motivierend. 

Ohne Menschen, denen ich mich zumuten durfte in meinen Tälern, hätte ich den Weg auf die nächste Bergspitze nicht geschafft. Wir laufen allein und dennoch sind wir sind nicht allein auf dem Weg. Dieses Bewusstsein ist mein Mut und meine Berufung. Beherzt. Besonnen. Bewegt. Dankbar. Und mit vielen Menschen.

Ich bin...

  • klar, mutig und tatkräftig

  • offen und teamfähig

  • bewusst, kontaktfreudig und herzlich

  • liebevoll, sanft und emphatisch

  • humorvoll, originell und authentisch

  • kreativ mit innovativen Visionen

  • Dankbar!

    Mit einem holistisch-analytisch-praktischen Blick für Verbesserungspotenziale & Prozessoptimierung